Dienstag, 4. Januar 2011

Hoffenheims Entzauberung oder: Den König spielen immer die anderen

Dietmar Hopp greift ins Tagesgeschäft bei der TSG Hoffenheim ein. Das scheint einige Sportjournalisten zu überraschen. Da fragt man sich ernsthaft, ob die die letzten Jahre auf dem Mind verbracht haben. Es ist natürlich zu begrüßen, dass es inzwischen Medienberichte gibt, sie sich mit Dietmar Hopps unterlaufen der 50+1 Regel kritisch auseinandersetzen, aber die Frage muss auch erlaubt sein, warum die breite Masse der Sportmedien sich diesem glasklarem Umstand bisher verschlossen hat. Denn es war doch von Anfang an glasklar und für einen Blinden mit Krückstock zu erkennen, dass es genau EINEN starken Mann in diesem sogenannten Verein gibt. Der Umstand, dass der das gerade jetzt mit einer Mischung aus Dummheit und Dreistigkeit sehr offen zeigt, ändert ja nicht am Umstand, dass es schon immer so war. Oder wie genau ist der Verein noch mal in die Bundesliga gekommen?

Trotzdem ist aber gut, dass man sich auch öffentlich mit dem Thema auseinanderzusetzen beginnt und es ist zu hoffen, dass es nicht nur ein kurzes Aufflammen ist, sondern das sich einige Medien auch mal langfristig mit dem Thema auseinandersetzen. Das erwarte ich einfach von jemand, der sich selbst „Journalist“ nennt, dass er sich ernsthaft mit einem Thema befasst. Nicht jeder Artikel muss gleich Pulitzerpreis-würdig sein, aber ein bisschen rationale Analyse kann nicht schaden. Auch wenn der Aufsteiger die Hinserie als Herbstmeister abschließt ist das kein Grund sich Kritik zu versagen, sondern im Gegenteil eher ein Grund noch genauer hinzuschauen. Aber man hat ja - vom kurzfristigen Glanz des Erfolges geblendet - lieber die kritischen Fans als "Neider" hingestellt.

Zum Glück scheint das Projekt Hoffenheim langsam zu bröckeln. Noch lange nicht so wie es sein müsste, aber immer mehr Leute bekommen mit, dass bei diesem vereinsähnlichen Gebilde irgendwas schief läuft. Ein neuer Bundesligist entlässt seinen Trainer, obwohl die Firma auf Platz 8 steht, weil der Coach sich mit dem Chef nicht mehr versteht, der aber eigentlich gar nicht der Chef sein dürfte. Dass die Medien sich mit dem Thema Hoffenheim ernsthaft auseinandersetzen sollte man übrigens auch in deren eigenen Interesse hoffen. Denn das Interesse an Hoffenheim ist doch relative gering, wenn der Club im Mittelmaß versinkt. Wer Auflage verkaufen und Clicks generieren will sollte ein vitales Interesse daran haben, dass die Bundesliga mit Clubs belebt wird bei denen auch Leute gibt, die sich dafür interessieren. Was da passiert.Das wird vielleicht irgendwann auch der Kicker merke, die Hauspostille aller Kunstprojekte, der wirklich jeder journalistische Anspruch ans Gesamtprodukt Bundesliga fehlt. Die werden wahrscheinlich die letzten sein, die das mitbekommen, aber das dann als ganz neue Erkenntnis verkaufen. Und so lange diskutieren Sie über die "Linke Außenbahn, offensiv".

Es ist für die Liga als solches katastrophal, wenn Vereine die mit einem Charme ausgestatten sind neben dem Arminia Bielefeld strahlt wie die Sonne die Liga füllen. Wolfsburg als Meister hat schon niemanden interessiert und die Ablösung von Rangnick hat außerhalb des realsatirischen 1899-Forums auch keinen von innen bewegt. Das ist dramatisch. Eine Liga lebt davon, dass alle etwas besser wissen, falsch finden, zustimmen, sich streiten. Der Esprit den die TSG Hoffenheim und seine nicht vorhandenen Fan versprühen kommt dem eines leeren Schuhkartons gleich. Den kann man natürlich schön verpacken und sich von der Hoffnung blenden lassen, dass da was tolles drin ist. Aber wenn man den geöffnet hat wird es bitter. Fußball funktioniert nichts ohne Fans. Und das gilt für die Liga als solches genauso wie für ihre Begleitmedien. Wer an seinem Job auch langfristig Interesse hat, sollte sich nicht zum Steigbügelhalter von Kunstprodukten machen. Man kann nur hoffen, dass man für die nächste Nagelprobe Rasenball Leipzig was gelernt hat. Der Schuhkarton dort ist nicht weniger grau. Es sei jedem Journalisten, Funktionär und Fußballinteressierten die alte Theaterregel ins Stammbuch geschrieben: Den König spielen immer die anderen.

Ein Verein kann nur so groß werden wie sein Fans und Größe ist nicht mit dem Tabellenstand gleichzusetzen.

1 Kommentar:

  1. Was habt Ihr zur Zeit eigentlich alle am kicker auszusetzen?
    Ich gebe zu, ich weiß nicht wer von dort berichtet, aber es wird nicht die nummer 1, 2 oder 3 sein. Die sitzen woanders. Aber sie sollten vielleicht jetzt mal jemanden da hinschicken, der etwas mehr von seinem Fach versteht.
    Für mich ist der kicker nach wie vor noch am ehesten seriös. Und die Halbjahreswertungen sind mittlerweile auch eine Tradition. Möchte mal wissen was passiert, wenn die das absetzen. Dann ist das Geschrei auch wieder Groß.

    Damit ich nicht als anonymer beschimpft werde. Wir können uns auch im Stadion unterhalten, selber Block, zwei Reihen vorm Klapper.

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