Montag, 5. April 2010

Paulo Guerrero oder: Willkommen beim HSV Handball

Ich blogge ja eigentlich nicht über nicht BVB-Themen, aber die Nummer mit Paolo Guerrero ist dann doch irgendwie nicht zu ignorieren. Wer die Aktion gestern gesehen hat, der muss eines attestieren: Fußballerisch ist Guerrero vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe, aber wenn er den Rest der Saison für Fußball gesperrt wird, dann kann er bei Piet Krebs ja mal anfragen, wie es mit dem HSV-Handball aussieht. Denn eines muss man ihm lassen: Einen guten Wurf hat er. Doch auch wenn nun inzwischen schon die üblichen lustigen Videos zu dem Thema online sind und dem ganzen Vorgang natürlich eine humoristische Komponente nicht abzusprechen ist, bleibt da aber trotzdem ein sehr ernster Hintergrund.

Erst einmal muss man konstatieren, dass Guerrero Glück hatte, dass er einen so guten Wurf hat. Wenn die Plastikflasche nämlich ihr avisiertes Ziel verfehlt trifft sie einen Menschen, der hinter, vor oder neben dem Pöbler steht. Und dann lieber Paulo, ja dann hast Du ein richtiges Problem. Dann rechtfertigt auch niemand mehr Deinen Ausraster mit „Emotionalität“ nach dem Spiel. Womit wir zum eigentlichen Skandal kommen. Und der wird meiner Meinung nach von Matthias Sammer personalisiert. Wobei der nur die Spitze des Eisberges ist.

Mich regen die Reaktionen von Sammer und Co nämlich deutlich mehr auf, als der Flaschenwurf selbst. Um Missverständnisse vorzubeugen: Natürlich heiße ich den Wurf von Guerrero nicht gut. Das kann zu üblen Verletzungen des Getroffenen führen. Man regt sich – und das völlig zurecht – im Fußballstadion über Leute auf, die Hartplastikbecher teilgefüllt in die Menge schmeißen. Das führt immer wieder zu Verletzungen. Jemand aber einen gefüllte Flasche vorsätzlich ins Gesicht zu werfen ist aber noch mal ein völlig anderes Kaliber und erfüllt – meines geringen juristischen Verständnisses nach – den Tatbestand der (versuchten) gefährlichen Körperverletzung. Vor allem nimmt er ja eben billigend in Kauf, dass jemand anderes außer dem Pöbler verletzt wird. Trotzdem ist das ganze meiner Meinung nach kein Grund in empörtes, alarmistisches Geheule auszubrechen. Natürlich kann man argumentieren, dass ein Fußball-Profi sich im Griff haben muss, weil der schließlich viel Geld bekommt und auch eben durch die Zuschauer im Stadion. Aber Millionen hin oder her, ein Fußballer ist auch nur ein Mensch und wenn Du so schlecht spielst und dann noch über mehr als eine Stunde von den eigenen Fans ausgepfiffen wirst, dann liegen die Nerven halt blank. Das rechtfertigt natürlich nicht den Übergriff, aber macht ihn erklärbar und nimmt ihm meiner Meinung nach das Element der Empörung. Menschen machen Fehler und müssen sich für diese verantworten ohne, dass man sie gleich wie eine Sau durchs Dort treibt. Daher würde ich mir wünschen, dass das Kesseltreiben gegen Guererro unterbleibt. Wohl wissend, dass das natürlich nicht so sein wird. Dass der Pöbler Guererro deutlich beleidigt haben soll, erklärt natürlich den Wurf, rechtfertigt ihn aber natürlich nicht.

Was mich wirklich empört ist eben die Reaktion eines Bernd Hoffmann, Frank Rost, Christian Ziege und Matthias Sammer, also die offizielle Seite des Sports. Wobei man bei Hoffmann sagen muss, dass er als Verantwortlicher erst mal versucht nichts zu sagen, um sich für später alle Optionen offen zu halten. Denn ein Angestellter seines Vereins hat einen Fan seines Vereines beworfen. Unschöne Situation. Da würde ich mich erst einmal auch beraten. Wobei Hoffmann meiner Meinung nach besser beraten gewesen wäre genau dieses Dilemma zu thematisieren und zu sagen, dass er erst einmal alle Fakten braucht. Rosts Reaktion - er meine, dass Guerrero gut beim Baseball anfangen könnte - finde ich deutlich dämlicher, würde dem aber zu Gute halten würde, dass der auch nach den Vorfällen in Berlin und anderswo nicht gleich den Untergang des Abendlandes ausgerufen hat und sehr mäßigend war.

Was aber gar nicht ging, war die Reaktion von Sammer und Ziege. Wobei Sammer noch mal ein Extra-Kategorie ist. Er sagte sinngemäß, dass es eine Regel gibt, dass alles was in den ersten 10 Minuten nach dem Spiel gesagt wird, als nicht gesprochen gilt. Lieber Matthias Sammer, man kann das doch nicht ernsthaft auf den Flaschenwurf gegen einen Menschen anwenden wollen, oder? Auch Ziege stieß in ein ähnliches Horn und beide wiesen auf die „emotionale Situation“ hin. Gut, dass könnte man ja alles noch hinnehmen, wenn Sammer nicht einer derjenigen wäre, der bei Fehlverhalten von Fans immer sofort mit großer Empörung dabei ist, Stadionverbot fordert und jeden Beteiligten das Fantum abspricht. Was hat der sich damals bei der Entlassung von Babbel empört. Aber ist ja auch klar, Herr Sammer. Wer einen Bus blockiert ist natürlich deutlich krimineller als ein Falschenwerfer. Man muss sich schon entscheiden: Wenn Emotionalität eine Entschudldigung ist, dann für alle oder für keinen.

Nun konnte man bei der ersten Reaktion ja noch davon sprechen, dass Sammer mit der Situation überfordert war, aber auch als es später noch mal um das Thema ging, war er nicht dazu zu bewegen die Aktion klar zu verurteilen, sondern redete sich über „mangelnde Zuständigkeit“ raus. Auch auf mehrmaliges Nachfragen des Moderators. Jener Matthias Sammer übrigens, der seine „Vermittlung von Werten“ sonst immer mit größter Monstranz vor sich her trägt. Aber die Werte des Matthias Sammer scheinen nicht für alle zu gelten. Ich mochte Sammer schon zu seiner aktiven Spielerzeit, weil er Sachen klar angesprochen hat und das hat sich danach nicht geändert. Ich mag unangepasste Typen. Aber wer so rumeiert wie er es gestern getan hat, der soll bitte einfach die Klappe halten. Aber beim nächsten „Krawall“ wird er wieder in vorderster Front die Bestrafung der „Kriminellen“ fordern.

Aber wir sind halt alle nur Pharisäer, nicht wahr?

1 Kommentar:

  1. Ein Fußballprofi ist letztendlich nichts anderes als ein Entertainer. Ohne die Fans gäbe es statt Geld für viele Hartz 4. Von daher geht sowas einfach nicht. Auf der Arbeit (und das ist Fußballspielen für sie!!) hat man sich zu benehmen.
    Auf http://goldgraeber.blogspot.com/ hab ich in meinem Blog noch was detailierter Stellung genommen.

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