Sonntag, 13. Juni 2010

Ich geh dann mal Geschichte schreiben

Ich hatte gestern sogar wirklich so was wie frei. Zwar habe ich ein bisschen von zu Hause gearbeitet, aber bin nicht in die Firma gegangen und konnte mir ganz entspannt alle drei Spiele auf dem Sofa anschauen. Das war auch dringend nötig. Wenn man eine WM-Sendung macht, sollte man auch den Blues der Veranstaltung aufnehmen. Gleich geht es in die Firma, denn morgen wird gesendet und daher muss heute auch mal wieder richtig gearbeitet werden. Die großen Ecksteine sind alle gelegt. Wir wissen wo wir produzieren, wer als Gast in die erste Sendung kommt, was wir inhaltlich machen wollen und so weiter und so fort. Was aber jetzt noch ansteht sind die ganzen Baustellen, die angeblich klein, in Wirklichkeit aber absoluter Zeitfresser sind.

Hinzu kommt die paranoide Sorge, dass man irgendwas entscheidendes Vergessen hat. Ich habe immer Angst vor dem Moment wo man morgen auf dem Set steht und irgendwer plötzlich feststellt, dass man was Entscheidendes vergessen hat. Oder dass plötzlich der Ü-Wagen nicht zu seinem Platz kommt, weil die Durchfahrt wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Irgendso so ein sinnloser Scheiß halt. Die nächsten 30 Stunden werden auf jeden Fall ein ziemliches Gerocke. Mit Glück bekomme ich ein paar Stunden Schlaf, aber sicher ist das nicht. Diese heiße Schlussphase ist immer anstrengend aber hammergeil. Vor allem, wenn Du dann die Sendung auf dem Schirm siehtst. Deswegen bin ich beim Fernsehen. Dieses Gefühl ist durch nicht zu ersetzen außer einem Tor des BVB. Die ganze Anspannung entlädt sich in einem knappen Moment.

Allerdings muss man auch damit leben, dass die meisten Leute es dann scheiße finden, was man macht. Damit umzugehen ist nicht immer leicht. Zumindest nicht für jemand, der wirklich mit Engagement bei der Sache ist. Völlig egal, ob die Sendung nun den eigenen Geschmack trifft oder nicht: Man steckt immer jede Menge Herzblut und damit auch viel Persönliches da rein. Wenn man das verliert sollten man den Job wechseln. Man bekommt quasi ein Baby, gibt das in die Hand fremder Menschen und muss sehen, was die damit machen. Und das muss man ab dem Moment der Ausstrahlung einfach ignorieren. Denn auf was sich die Leute immer einigen können: Politik und Fernsehen ist scheiße. Ein echte Zwiespalt. Wenn man was erreichen will, muss man rangehen als würde man Geschichte schreiben wollen und wird angesehen als wäre man ein Autobdieb. Wenn man das persönlich nehmen würde, würde man durchdrehen. Außerdem ist es ja immer so, dass wenn man etwas macht das mehr Leute scheiße finden als gut. Wer damit nicht umgehen kann, ist in dem Job wohl falsch. Trotzdem ist das vielleicht der Grund, warum sich in meiner Branche soviel Egomanen sammeln. Und warum die beste
Freundin des Fernsehmenschen die Einschaltquote ist.

Ich geh dann jetzt mal Geschichte schreiben.

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