Dienstag, 23. November 2010

Die Angst des Autors vorm Konzept

Dieser Blog ist ja so alles mögliche: Für die einen eine erquickende Morgenunterhaltung, für die andere ein rotes Tuch und für wieder andere einfach nur albern. Auch für mich ist „Hamburg schwarz-gelb“ alles mögliche: Eine interessante Möglichkeit mir den Frust von der Seele zu schreiben, eine Möglichkeit meine Weltsicht mitzuteilen, die Chance mich über die Welt lustig zu machen, ein emotionaler Ausgleich und noch einige mehr.

Neben den Aspekten dieses Blogs, die mich einfach nur gut unterhalten, gibt es auch einige praktische Vorzüge. Zum Beispiel der Umstand, dass diese Seite eine Möglichkeit bietet mich selbst zu reflektieren. An der Stelle werden nun einige lachen, weil wer nur meinen Blog kennt, wird natürlich nicht zwingend auf die Idee kommen, dass ich ein selbstreflektierter Mensch bin, aber ich neige in der Tat dazu mich sehr kritisch zu hinterfragen. Und jedes Thema zu dem man was schreibt, muss man logischerweise auch überdenken. Oft natürlich viel zu kurz, aber besser als gar nicht. Dummerweise setzt der Reflektionsprozess oft erst nach dem Schreiben an, was dazu führt, dass ich relativ oft denke, was ich hier morgens wieder für einen Quatsch geschrieben habe. Da aber gerade das Ungefilterte das ist, was diesen Blog ausmacht kann ich da gut mit leben. Und ich habe eh nicht den Anspruch bei allen Menschen geliebt zu werden. Nur falls das noch keiner mitbekommen hat.

Der zweite Aspekt der mich hier nach vorne bringt ist in der Tat ein beruflicher. Ich bekomme meine Geld ja unter anderem dafür, dass ich mir Konzepte ausdenke. Fürs Fernsehen, für Industriekunden, fürs Web, für Messepräsentationen. Was auch immer. Ich bin auch ein ziemlich guter Entwickler. Es gibt zwar immer bessere, aber ich muss mein Licht nicht unter den Scheffel stellen, was inhaltliche Kompetenzen angeht. Und ich habe auch eine gute Schreibe, wenn ich jetzt keinen ganz schlechten Tag erwische. Trotzdem sind Formatentwicklungen immer Grenzgänge, wenn Sie Auftragsarbeiten sind.

Von Außen betrachtet klingt es wie ein schöner Job, wenn man hört, dass ich bei Entwicklungsjob im Bett bleiben kann und in Jogginghose ein paar Seiten runtertippe. Und im Vergleich zu Leuten die schwer körperlich arbeiten müssen ist es das auch. Aber dummerweise hat der Beruf psychisch ein paar Nachteile. Nehmen wir mal ein Kunde kommt und sagt: „Ich möchte gerne meine Steuererklärung verfilmen. Möglichst emotional. In 60 Sekunden. Arbeite da doch mal drei Ideen aus. Wäre super, wenn ich das in vier Tagen hätte“. Und dann sitzt man am nächsten Tag vor einem leere Word Dokument und überlegt, was man da reinschreiben soll. Wie zum Teufel packt man eine Steuererklärung so in 60 Sekunden, dass das nicht nur alles erklärt, sondern auch emotional ist? Das Schreiben des Textes ist schnell gemacht. Nur die Idee muss man erst mal finden. Das ist die Hölle. Frei nach Peter Handke „Die Angst des Autors vorm Konzept“

Ich bin in solchen Situationen immer angespannt bis zum geht nicht mehr. Ich versuche alles auszublenden und nicht mehr auf die To-Do-Liste oder den Kalender zu schauen. Alles was den Fokus vom Hirn wegnimmt muss ausgeblendet werden. Trotzdem sitzt man dann vor dem leeren Dokument und schaut in seine Abgründe. Ich habe das Gefühl, dass jemand mein Herz umklammert, halte mich für einen völligen Versager, sehe mich schon Hartz IV beziehen und möchte mich in einer Höhle vergraben. Man ist nie schutzloser, als in diesem Moment, weil man da zu 100% auf sich zurückgeworfen ist. Entweder es fällt einem was ein oder der Kunde ist weg. Mir jagt die Angst dann durch jede Pore des Körpers. Kreativ sein heißt eben nicht unter einem Baum zu warten, dass einen die Muse küsst. Das ist harte Arbeit und eine emotionale Achterbahn. Besser wird es dann, wenn man die erste Idee hat, die wirklich gut ist. Ab der zweiten fängt man wieder an Mensch zu sein und nach der dritten bekommt man ein Hochgefühl und ist sich sicher doch kein Versager zu sein. Trotzdem bin ich froh, dass mein Job nicht nur aus dieser Arbeit besteht. Ich wäre bald ein Fall für die Klapse. Also noch mehr als eh schon. Kein Wunder, dass beim Fernsehen nur Psychos arbeiten. Wer es nicht ist wird dazu gemacht.

Das tägliche Blog schreiben hilft mir aber dabei gewissen Situationen zu simulieren. Ich stehe super oft morgens auf und habe keine Ahnung, was ich schreiben soll. Und dann muss ich unter Zeitdruck – ich muss ja irgendwann ins Büro – was niedertippen was ich für einigermaßen okay befinde. Natürlich ist das kein 1:1 Ersatz, aber es simuliert die reale Drucksituation ein wenig und hilft einem unter Zeitdruck kreativ zu sein. Und das ist einfach eine gute Übung. Ich sitze heute übrigens – Überraschung – vor einem leeren Konzept und muss das füllen.

Wird ein anstrengender Tag heute. So emotional gesehen

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