So beschissen das Spiel gegen den FC Bayern auch war, der Spieltag hatte zumindest für die Sailors auch was Gutes. The Unity – falls Sie der vor mir lange nicht mehr zitierte Marsmensch sind: Das ist unsere größte Ultra-Gruppe – wollte zusammen mit den JuBos im Vorfeld des Spieles Geld für die Choreographie am 19.12. gegen Freiburg anlässlich unseres 100. Geburtstages sammeln . TU hatte. Es gab dazu im Vorfeld eine Anfrage an ein paar Fanclubs, ob man sich nicht an der Spendensammlung beteiligen möchte, weil man zur Verbesserung der Ansprache bewusst auch ein paar ältere Sammler dabei haben wollte. Und da sich einige Sailors inzwischen bei dem Wort „älter“ automatisch angesprochen fühlen und wir eine angemessene Choreo zum Geburtstag extrem wichtig finden , nahm die ältere Fraktion in Kooperation mit den Jüngeren von uns den Krückstock zur Hand und sammelten in Kleingruppen aufgeteilt in und um unsere Homebase am Schwimmbad vor der Süd herum Spenden.
Für mich war das ein Ausflug in alte Zeiten. Ich war bis vor vor ca. 13 Jahren sehr stark in der damals noch sehr jungen Tierrechtsbewegung engagiert und habe eigentlich jedes Wochenende mit dem Verteilen von Flugblättern oder ähnlichen Aktionen verbracht. Ich habe – kein scheiß – in der damaligen Zeit viel für meine TV Karriere gelernt. Denn Du merkst bei solchen Aktionen sehr schnell, dass Du die Leute unterhalten musst, wenn Du sie erreichen willst.
Am Samstag habe ich gemerkt, dass die alten Regeln von damals immer noch gelten. So kann man es z.B. vergessen Leute anzusprechen die nach Geld aussehen. Diese Menschen gehen nämlich mit verächtlichem Blick und Nicht-Kommunikation an einem vorbei. Ich frage mich woran das liegt. Wird man automatisch ignorant, wenn man Geld hat? Oder muss man das Ich-darf-auf-keinen-Fall-einen-Euro-geben-egal-wem-Gen im Blut haben, um zu Geld zu kommen? Deswegen komme ich wahrscheinlich trotz meines einigermaßen erträglichen Einkommens nie auf einen grünen Zweig, was mein Bankkonto angeht. Diese Regel scheint auch im kleinen zu gelten, denn gerade Leute mit einem neuen Trikot oder einen Jubiläumstrikot gaben oft einfach nichts. Schon geil. Da gibt man 80€ für ein Trikot aus und hat nicht mal 50 Cent für eine Choreo. Konsumopfer, ick hör die trapsen. Die zweite wichtige Regel: Wenn Du jemanden anspricht und der Dir nichts gibt, kannst Du alle Leute in dessen Blickfeld die Aktion stattfand vergessen. Der Mensch ist ein Herdentier. Die geben dann alle nichts. Daher gleich abdrehen und ein neues Feld suchen. Und die wichtigste Regel lautet: Geh auf die Leute zu und unterhalte sie. Niemand gibt Dir aus Mitleid Kohle. Der Spender will irgendwas davon haben.
Für mich persönlich am interessantesten war einen Querschnitt durch den Stadionbesucher zu bekommen. Wir hatten uns extra kleine Pappschilder mit Beispiel-Choreos gemacht, um das Unwissenden zu erklären. Ich hätte aber nicht gedacht, dass wir die so oft brauchen. Und apropos Unwissen: Ich hätte ebenfalls nicht gedacht, dass so viele Leute nicht wissen, dass am 19.12. unser Geburtstag ist. Man merkt, dass trotz der Masse der Leute die ins Stadion gehen, man doch eher einer Minderheit angehört.
Sehr interessant war die Liste der Begründung von Leuten, warum sie nichts geben. Angefangen, bei der pragmatischen, aber nachvollziehbaren Begründung: „Ich habe kein Kleingeld“. Eine freundliche Absage war die Begründung: „Ich habe letztes mal schon gegeben“. Was zwar eigentlich heißt „Ich habe keine Lust“, aber wenigstens höflich verpackt ist und daher auch völlig in Ordnung. Niemand ist gewzungen was zu geben, aber die Form sollte man wahren. Deutlich nerviger ist die Begründung „Ich brauche Geld für Bier“. Ja, und für ein neues Hirn vielleicht. Prost. Auch gerne genommen „Damit haben wir nichts zu tun“. Na klar. Ich bitte dann drum auch keine Fotos zu schießen am 19.12. Auf Platz 1 meiner Hitliste und der Beweis, dass man ein echtes Konsumopfer ist, ist die Begründung „Ich bin bei dem Spiel nicht im Stadion“. Einfach mal wirken lassen den Spruch.
Um mal hier die negativen Schwingungen rauszunehmen, es waren bei der Sammlung jede Menge Leute dabei, die von sich aus zu uns kamen und was dazu gaben und wir hatten extrem viele positive Reaktionen. Für großes Amüsement sorgte der Mensch, der uns mit folgender Begründung Geld gab: „Ich war bei Euch auf der Homepage. Euch gebe ich gerne was. Den JuBos hätte ich nichts gegeben. Auch wenn ich weiß, dass das alles in den selben Topf geht“. Sachen gibt´s… Wie dem auch sei unsere Spendendosen waren alle randvoll und darum ging es ja letztlich. Interessantes Phänomen: Jeder – und ich meine wirklich: Jeder – der ein Bauchtäschchen um hatte hat was gegeben. Das hat mich wirklich fasziniert.
Ich verspreche hiermit hoch und heilig, mich nie mehr negativ gegen Bauchtaschenträger zu äußern.
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