Dienstag, 27. Juli 2010

Mit Fußball und Gott macht man keine Geschäfte

Es wird in Bezug auf Fußballvereine ja eigentlich permanent über Investoren geredet, 50+1 und die Herren Kind und Hopp reden ja auch gerne über ihre „Kunden“. Fußball ist halt ein Geschäft, also muss man doch einen Verein auch wie eine Firma führen. Denken sich zumindest die beiden Herren. Ist aber eine grottenfalsche Einstellung. Denn Fußballvereine sind keine Firmen. Es sind eher Kirchen. Und müssen deswegen auch so geführt werden. Wer einen Fußballverein wie eine Firma führen will hat eigentlich schon offenbart, dass er das Wesen des Fußballs nicht verstanden hat.

Anhänger eines Fußballclubs sind wie Gläubige. Man hat keine Wahl. Man ist auf Gedeih und Verderb seinem Club ausgeliefert. Anders als der Kunde einer Firma kann man nicht sagen: „Das gefällt mir hier nicht, das gehe ich mal woanders kaufen“. Wenn etwas ganz schief, z.B. der Verein mehrmals absteigt bleibt der Gläubige vielleicht weg. Aus Frust, weil er sich verraten fühlt. Aber er wechselt nicht. Genauso wie es wohl Katholiken gibt, die nicht mehr in die Kirche gehen, weil sie sich da nicht gut aufgehoben fühlen. Aber die gehen dann auch nicht in eine evangelische Kirche, weil es ihnen da besser gefällt. Die Missfallensäußerung des Kunden ist der Wechsel des Anbieters, die des Gläubigen / Fans die innere Emigration. Natürlich gibt es Konvertiten, aber die sind doch eher selten.

Und genauso wie die Kirchengemeinde, werden Fußballvereine auf Fanseite von wenigen „Gemeindemitgliedern“ getragen. In den Kirchen ist es der ehrenamtliche Jugendgruppenbetreuer oder der Kirchenchor und bei uns eben z.B. Leute wie Sarah Hartwich, die für die Fanabteilung die Busse organisiert. Oder eben viele andere, die sich ohne Geld den Arsch aufreißen. Das sind Dinge, die einen Fußballverein – wie eine Kirchengemeinde – in der Bevölkerung verankern, die Leute an den Verein binden und dafür sorgen, dass er auch schlechte Phasen überstehen kann. Weil es unser Verein ist. Und diese Freiwilligen tragen den Verein und bereiten ihn für gute Zeiten vor. Die Kirche ist auch nur zu Weihnachten voll, aber dass sie das sein kann liegt auch an denFreiwilligen, die sich den Arsch aufreißen.

All das ist bei einer Kundenbindung nicht gegeben. Wenn Karstadt pleite geht kaufen die Leute halt woanders. Das interessiert niemanden auf Konsumentenebene. Natürlich tun einem die Mitarbeiter leid, aber man sagt ja nicht „Ich werde nie mehr woanders kaufen, weil ich so an Karstadt hänge“. Daher funktioniert das mit dem Wirtschaftsgedanken im Fußball nur sehr spärlich. Natürlich können sich Vereine wie Hoppenheim, Wolfsburg oder Rasenball Leipzig mit Geld Erfolg kaufen. Aber es funktioniert nur als parasitäres Element. Jedes „Wirtschaftsunternehmen“, was dazu kommt schwächt das System als solches und trägt zum Untergang des Gesamtkonstruktes bei. Selbst den Engländern fällt das langsam auf. Und bei 36 "Firmen" im deutschen Profifußball wäre die Liga mausetot.

Mit Fußball und Gott macht man eben keine Geschäfte.

3 Kommentare:

  1. Das ist wieder einmalein herrausragender Artikel. Der letzte der mich in ähnlicher Weise gefallen hat war "Wie andere Neger auch"!
    Wie bist du auf das Gleichnis gekommen?

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  2. Weiß ich nicht mehr. Ich habe den schon lange in meinem Ideenordner rumliegen gehabt. Und ehrlich gesagt ist mir heute nichts eingefallen und dann habe ich den geschrieben :)

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  3. sehr sehr geiler artikel!!!

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