Samstag, 14. Mai 2011

Lebenslanger Fußpilz, Leid, Elend und ein Experiment

Vorbemerkung: Ich habe diesen Blog am Freitag früh geschrieben undFreitag Mittag noch mal gegengelesen. Allerdings war Blogger.com down. Inzwischen haben sich viele Sachen überholt. Aber ich stelle den aus dokumentarischen Gründen genauso ein.

Ich fragte mich gestern mal kurz, was ich wohl heute bloggen könnte. Denn das wird der letzte Blog fürs Wochenende werden und da dachte ich, dass es was passendes sein muss. Ich kann ja nicht schon wieder darüber schreiben, dass ich nicht beim Meisterwochenende bin. Wobei das nicht ganz stimmt. Ich überlege ob ich heute Abend aus Köln zum Borussia Hearts Club fahren soll. Ich weiß nicht, ob das emotional der größte Fehler ist, den ich machen kann, aber ich habe mir fest vorgenommen einen Tag da zu sein. Trotzdem ist das als Blogthema nun auch durch, weil ich mit meinem Schmerz die Welt schon zugespammt habe. Es interessiert sich auch niemand fürs Leid andere Leute, aber das ist mein Blog und irgendwo muss die emotionale Anspannung auch raus. Das ist jammerig und unmännlich – und es ist mir scheißegal. Es ist mein Scheiß-Blog, hier schreibe ich und wem es nicht gefällt soll sich verpissen. Trotzdem ist mein Gejaule auch echt langsam mal durch als Blogthema. Wobei ich gerade im IC fast angefangen habe zu heulen. Ich muss mich mit arbeit ablenken, dann geht es.

Gestern gegen Mittag dachte ich dann, dass ich über die neuen Trikot blogge, denn „Wir ha´m die hässlichsten Trikot der Welt“ könnte eigentlich ab nächster Saison bzw. schon ab morgen durch das Westfalenstadion hallen. Aber diese Trikots haben es nicht mal verdient, dass man über sie schreibt. Nicht mal darüber dass sie Scheiße sind. Das einzige, was die verdient haben ist, dass sie möglichst im Laden hängen bleiben. Und dass der Designer an lebenslangem Fußpilz erkrankt. Kombiniert Mein Geld bekommen die nicht und hoffentlich auch wenig anders. Dann verstehen die Idioten vielleicht mal, dass man mit einem Trikot nicht auf einer Pre-a-porter Modenschau in Paris antreten muss. „oh, es ist gewagt. Uiuiuiui“. Liebe Kappa-Designer: Sucht Euch einen Baum Eurer Wahl und hängt Euch daran auf.
Abends stieß ich dann auf ein Ersatzthema, genauer gesagt auf den Blog von Ina Steinbach. Besagte Ina Steinbach hatte bis zur WM 2010 kein einziges Bundesliga-Spiel gesehen, aber dafür viele WM und EM Spiele. Und entschied sich nach dem Ende der Weltmeisterschaft sich einen Bundesliga Club zu suchen. Warum und vor allem warum ihre Wahl auf den BVB fiel erläutert sie hier. Der erste Reflex bei mir schrie Anja und Tanja, aber damit wird man der Autorin nicht gerecht, obwohl ich alles an dem Blog komisch finde.

Ich habe mir den komplett durchgelesen. Also nicht jeden Post von vorne bis hinten, aber mal alles angelesen und einige ganz. Was bleibt ist eine Mischung aus Faszination, Skepsis, Abneigung, Respekt, Bewunderung und Fremdscham. Auf der einen Seite bewundere ich jemanden, der so etwas so konsequent durchzieht. Das kenne ich von mir, dass ich mir oft was vornehme und dann ist das so. So gesehen finde ich so ein Experiment wirklich faszinierend, weil das viel mit einem macht. Man lernt sich neu kennen, verändert sich, lässt sich auf eine neue Welt ein. Auf der anderen Seite ist dann aber der Fan in mir, der sagt, dass man sich keinen Verein aussucht. Fan wird man nicht per Beschluss. So funktioniert das nicht. Oder ist das schon eine Weltsicht, die zu sehr das eigene Erleben in den Mittelpunk stellt?

Um das klar zu stellen: Ich finde es auf der einen Seite wichtig und verständlich, dass in einem Fußballstadion auch Leute sind, die eben nicht zum „harten Kern“ zählen, sondern die nur ab und zu mal da sein wollen (wobei die meisten auch nicht weniger emotional dabei sind), mal ein gutes Fußballspiel sehen möchten - oder einen Blick ins Westfalenstadion werfen. Klassisches Eventpublikum. Das gehört dazu, ist völlig legitim und muss sogar so sein. Ein Stadion muss ein Sammelsurium ALLER Gesellschaftlichen Kräfte sein. Aber dass jemand sich vornimmt „Ich werde jetzt BVB –Fan“ ist dann doch ungewöhnlich. Und befremdet mich.

Beim Lesen des Blogs streiten dann die Seiten in mir miteinander. Es ist ein interessanter Spiegel unseres Sport und es ist auch spannend zu sehen, dass die Bloggerin immer mehr der Faszination des Sportes verfällt. Und wie sie liebgewonnene Vorurteile über Bord wirft. Aber eben auch wie sie völlig verkopft an die Frage geht, ob man die Blauen nun hassen muss. Man hasst das Pack oder man hasst es nicht. Aber sich zu überlegen, ob man es hasst finde ich komisch. Vor allem, wenn Ina Steinbach dann doch von „Herne West“ schreibt klingt das irgendwi gewollt. Es bleibt irgendwie meistens doch ein Blick von Außen, ein „die“ und kein „Wir“. Und wenn es doch mal ein „Wir“ wird hat das einen künstlichen Touch. Ich will hier meine Art des Fantum niemanden aufzwingen. Da ist die eine nicht besser als die andere. Aber sie sollte doch von Herzen kommen. Alles andere ist Hoffenheim im Kopf.Wie authentisch kann ein selbstgewähltes Fantum sein? Denn es ist durchaus möglich zu sagen „Ich fahre jetzt zum BVB“, aber ob man Fan wird, entscheidet das Schicksal für einen. Denn Fan sein lässt sich nicht ablegen. Mitgefangen, mitgehangen. Man sucht sich sein Beziehungsmodell ja auch nicht aus. Oder haben Sie irgendwann auch gesagt: „Mal sehen wie es ist mit einer Frau zusammen zu leben?“
Auf der anderen Seite nehme ich der Autorin auch ab, dass sie sich verändert und Gefühle entwickelt, mitfiebert, sich für den geliebten Ballspielverein freut. Vielleicht bin ich auch zu kritisch. Vielleicht hat Ina Steinbach einen Weg gefunden Fan zu sein, der selten ist aber auch funktioniert. Ich bin skeptisch, aber offen. Und ich finde es durchaus interessant das zu verfolgen.

Ob es wahre Liebe ist, werden wir in 20 Jahren wissen, werte Frau Steinbach!

1 Kommentar:

  1. Da hast du Recht, uneingeschränkt sogar. Merke ich beispielsweise immer dann, wenn ich die wahnsinnigen Emotionen anderer Fans sehe. Beim Ausgleich gegen den HSV in der Rückrunde im Stadion war es das erste Mal, dass die ungefilterte Emotion so richtig aus mir rausbrach. Also so, dass man sich an vermutlich ein paar Minuten gar nicht mehr erinnern kann.

    Der Rest, wie du ganz richtig beobachtet hast, entsteht noch aus einer Beobachterrolle. Die aber echt spannend ist, dann im Fantum gibt es echt viele lustige Auswüchse. Nen bißchen Distanz beim Kennenlernen ist da gar nicht schlecht.

    Umgekehrt lese ich deinen Blog übrigens auch sehr aufmerksam, und bin oft erschrocken bei der Emotionalität mancher Beiträge. Da sehe ich dann den Unterschied, den halt 20 Jahre ausmachen - und natürlich auch an meinen vielen Freunden, die Fans verschiedenster Vereine sind und sich schon vor dem Blog viel Mühe gegeben haben, mich endlich zum Fan zu machen.

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