Samstag, 7. August 2010

Dann eben Aserbaidschan

Mir ging vor der Auslosung gestern echt die Pumpe. Aber mal so richtig. So nervös war ich lange nicht mehr. Dafür will man nach Europa. Für dieses: "Wo geht es bloß hin"-Gefühl. Das ist wie der DfB-Pokal. Nur in spannend. Weil Burghausen zwar auch mit einem B anfängt, aber weniger aufregend ist als Baku. Aber der Reihe nach: Ich hatte wirklich Angst vor dem Los „Qarabag FK Agdam“ und habe für für AIK Solna gebibbert, als der UEFA-Mensch das Los aus „Borussia Dortmund“ aus dem Topf zog. Ich hatte vorher zu den Kollegen gesagt: „Es wird Solna oder Aserbaidschan“. Es war mir absolut klar, dass es einer dieser beiden Verein wird. Und dann steht auf dem Los wirklich: Qarabag FK Agdam. Scheiße. Noch mal hinschauen, ich habe mich bestimmt verguckt. Doch dann wurde auch in der Bauchbinde „Borussia Dortmund vs. Qarabag FK Agdam“ eingeblendet. Es fühlte sich ein bisschen an wie ein Schlag in die Fresse. Ich brauchte ein paar Minuten, um das zu verdauen. So nahm ich gar nicht richtig wahr, dass Lieblingslesbe anrief und meint, dass sie nicht mitkommen würde.

Relativ schnell setzte dann aber bei mir der Automatismus ein. Ab ins Internet und schauen, ob der Flug immer noch zum selben Preis zu haben ist, den ich gestern testweise ermittelt hatte. Ich hatte mich im Vorfeld ziemlich genau mit den Szenarien auseinandergesetzt, alle Ziele testweise preislich gecheckt, mir etwas Geld zur Seite gelegt und schon vorab entschieden: Ich fahre, egal was kommt. Und ich bin im Nachhinein froh, dass ich genau das gemacht habe. Denn so stand nicht eine Sekunde zur Debatte nicht zu fahren und ich konnte meine volle Konzentration dem "wie" widmen. Mir war allerdings sofort klar, dass ich der einzige von den Sailors sein würde, der fährt, weil bei denen die in Frage gekommen wäre die Kohle für den Trip nicht reichen würde und die, die die Kohle hätten zu vernünftig sind. Also galt es andere Reisepartner zu suchen. Ich weiß dann nicht mehr genau, ob Klaus mich oder ich Klaus anrief, aber wir klärten kurz, dass wir beide fahren wollen und dass wir zusammen fahren. Wir teilten kurz die Aufgaben und legten los: Wie reist man? Was braucht man für ein Visum? Bekommt man überhaupt eines? Wo pennt man? Was gibt es für alternative Reisemöglichkeiten? Irgendwann am frühen Abend buchten wir dann parallel am Telefon den Flug. Ich war nervös wie ein 14-jähriger. Schlimm-schönes Gefühl.

Ich bin wirklich froh, dass durch meine Auseinandersetzung mit dem Thema im Vorfeld nie zur Debatte steht nicht zu fahren. Natürlich tut mir das Geld weh. Ich bin Normalverdiener und habe keine Kiste mit Geld zu Hause stehen. Vor allem kommen die Ausgaben ja zu den normalen Bundesliga-Ausgaben hinzu. Ich schätze mal die meisten Allesfahrer haben finanzielle Sorgen. Ich bin da keine Ausnahme. Aber ich wollte diesen Trip machen. Natürlich tut mir das Geld weh und ich werde das auch merken in der kommenden Zeit. Zum Glück hatten Klaus und Co ein billiges Hostel gefunden. Trotzdem: Wenn ich das kommende Pokalwochenende in Salzburg verbringe werde ich ein paar Bier weniger trinken müssen. Aber scheiß drauf. Wann kommt man schon nach Aserbaidschan? Man würde doch nie morgens aufstehen und sagen: „Ich buche mir eine Reise nach Baku“, wenn da nicht zufällig der BVB spielen würde. Und ja, das ist unvernünftig. Ich sollte das Geld für meine Altersvorsorge zurücklegen. Oder mal auf´s Konto schauen, ob ich es nicht für den alltäglichen Lebenswandel brauche. Ich hatte mir nämlich auch vorgenommen, dass ich erst auf´s Konto schauen, wenn die Reise gebucht ist. Alles von sich fernhalten, was einen daran hindern könnten nicht zu buchen. Denn schön wird es auf dem Konto nicht aussehen. Das hier ist ein Plädoyer für die große Unvernunft. Ich kaufe mir ein Abenteuer. Von dem Trip nach Baku werde ich in 10 Jahren noch reden. Egal wie das Spiel ausgeht. Soll ich mir das jetzt schenken, weil ich vielleicht dann im Alltag mehr Sorgen habe? Ich werde es im Alter wahrscheinlich bereuen, wenn ich kein Geld habe mir einen vernünftigen Pfleger zu leisten. Aber während ich dann in meinem Dreck liege und auf den unmotivierten Zivi warte, der nicht kommt kann ich wenigstens noch mal an Baku zurückdenken. Und ich kann meinen Alltag in den kommenden knapp drei Wochen damit versüßen davon zu träumen, ob die Stadt live genauso geil wie auf den Fotos aussieht und wie wohl das Stadion .Ich muss mich um Impfungen und all den anderen Unsinn kümmern, den man noch braucht. Das ist soviel mehr Leben als all diese Telefonkonferenzen, Besprechungen und Deadlines, die man sonst im Alltag hat. Nicht falsch verstehen: Ich liebe meinen Job. Aber ich brauche Träume. Wenn ich nicht träume gehe ich ein.

Baku ich komme!

1 Kommentar:

  1. Ich werde dich für lau Pflegen wenn ich als Gegenleistung die schönsten Storys über Europapokalabende in Baku bekomme ;)

    FG

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