Mittwoch, 5. Mai 2010

Die Bahn, oder: Mein zweites Wohnzimmer

Ich sitze mal wieder im Zug. Nach München. Viel weiter geht von Hamburg ja nicht. Also alles wie immer. Diesmal habe ich allerdings einen beruflichen Termin, so dass aus naheliegenden Gründen das übliche Guten-Morgen-Bier entfallen muss, das ich mir am Wochenende im Zug sonst gönne. Es käme ja irgendwie merkwürdig sturzbreit zum Termin aufzutauchen. Alkohol ist schließlich böse. Sehr böse. Wahrscheinlich verstehen wir uns deswegen so gut.

Auf jeden Fall werde ich heute und morgen summiert mal wieder 12 Stunden in der Bahn verbringen. Ich hätte auch fliegen können, aber wenn man nach München fliegt landet man gefühlt eher in Augsburg, es dauert auch nicht viel kürzer und man kann auch nicht so entspannt arbeiten wie im ICE. Und da es auch noch teurer für meine Firma wäre, habe ich mich dann für die Bahn entschieden. Positiver Nebeneffekt: Ich kann Punkte auf meiner Bahncard sammeln. Ich habe im Moment knapp unter 2000 Punkte. Und für die Fahrt heute gibt es noch mal 100 obendrauf. Ab 3000 gibt es eine internationale Freifahrt. Sie verstehen! International! Europa und so! Knick knack! Der ICE bzw. der IC ist inzwischen so was wie meine zweite Heimat geworden. Mein zweites Wohnzimmer. Nur, dass ich das anders einrichten würde, wenn man mich mal fragen würde. Macht aber keiner.

Ich habe ein gespaltenes Verhältnis zur Bahn. Man erlebt echt schöne Dinge mit ihr. Reisen ist einfach schön und am Tag des Spieles mit dem ICE fahren ist schon deutlich die entspannteste Art der Anreise. Man kann in Ruhe lesen, wenn man alleine ist, arbeiten wenn es sein muss und oder eben entspannt ein Bierchen trinken. Auf der Rückfahrt empfehle ich das Bord-Bistro, wo man diejenigen unter den Fußball-Fans findet, die zwar ein wenig mehr Komfort mögen, aber trotzdem gerne feiern. Da habe ich echt schon geile Feste mit Freund und Feind gefeiert. So ein Bordbistro am Samstagabend ist eine Art Kneipe auf Rädern.

Eigentlich wäre die Bahn also perfekt. Eigentlich! Wenn sie denn mal pünktlich käme. Was sie selten tut. Noch seltener kommt sie aber komplett. Normalerweise fehlt immer mindestens ein Waggon. Vorzugsweise übrigens der in dem ich buche. Aber wir wollen hier ja keine Verschwörungstheorien aufmachen. Ich frage mich ja immer, wie die das hinbekommen. Es ist der Kernjob der Bahn Waggons zusammen zu hängen und diese von A nach B zu fahren. Also sollte man meinen, dass sie das gut können! Denkste!

Wie die das in schöner Regelmäßigkeit schaffen ihre Kernaufgaben nicht zu erfüllen ist mir ein Rätsel. Es kann doch nicht so schwer sein zu sagen „Oh, der IC besteht aus 15 Wagen, dann bestellen wir da mal 15 hin“ Und dann hängt man die zusammen. Kann so schwer nicht würde man denken. In der Praxis scheint ein Voodoo-Zauber aber leichter zu klappen. Unfassbar. Auf der anderen Seite muss man ja auch froh sein wenn nur ein Wagen fehlt, denn im Winter sind bei der Bahn regelmäßig halbe Züge ausgefallen. Aber ist ja auch verständlich. Wer konnte damit rechnen, dass es im Winter kalt wird? Das wäre ja eine geradezu absurde Vorstellung.

So müsste ich mal arbeiten. Oder sonst wer. Wer würde es z.B. BMW verzeihen, wenn ihr Auto mal ohne Lenkrad ausgeliefert würde? Natürlich werden überall Fehler gemacht, aber das darf man doch nicht am Endprodukt merken. Eigentlich müsste ich der Bahn ja dankbar sein. Denn weil ich einen Presseausweis habe, bekomme ich die Bahncard 50 für die Hälfte und zahle statt 220 nur 110€. Eine bei Unternehmen gängige Praxis. Man gibt Journalisten exklusive Vorteile in der Hoffung, dass die dann wohl gestimmt sind und nicht schlecht über die Firma schreiben.

Klappt ja super wie man sieht!

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