Samstag, 23. Januar 2010

Es ist ganz schön einsam in meinen Bus

Okay, ich gebe zu, dass die meisten Leute es wirklich nicht leicht mit mir haben. Ich bin nämlich leider jemand, der es nicht hinbekommt mal einfach die Klappe zu halten. Oder die Finger still. Ich hatte gestern einen Mailwechsel mit Schummi von den Kamener Jungs in dem ich mich dafür entschuldigte, dass ich im SG-Forum im Moment wirklich unfassbar viel poste, was mir selber auf den Sack geht und Schummi mit einem

„Im Forum...oder im eigenen Blog...oder bist betrunken...oder beim Auswärtsspiel.......oder betrunken beim Auswärtspiel"

Was er damit sagen wollte, ist dass ich doch mal bitte auch was arbeiten soll, statt das Forum vollzuspammen. Das dramatische an der Situation ist, dass ich das sogar tue. Sogar gar nicht so wenig. Ich schreibe aber im Moment viel an Konzepten. Das ist eine Arbeit bei der man eigentlich fokussiert mit dem Hirn auf einem Thema rumdenkt. Allerdings ist mein Hirn dafür nicht gemacht, so dass es immer zu Übersprungshandlungen kommt. Das heißt, ich schreibe 15 Minuten an einen Konzept, schaue schnell ins Forum, schreibe da was und dann weiter am Konzept. Das ist ein Automatismus, der mich gar nicht mehr großartig beansprucht. Ich bin dann ja eh im Schreibmodus und muss nur mein Hirn mal vom eigentlichen Thema wegbewegen. Das geht leider nicht anders. Ich habe ADS – glaube ich - und kann daher nicht lange auf dem selben Gedanken verweilen. Ich schreibe zwar gute Konzepte, aber wenn ich nicht ab und zu irgendwas in einem Forum schreibe, platzt mir einfach das Hirn. Wenn ich also viel in Foren schreibe, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder ich habe Urlaub oder ich sitze an Konzepten. Beides Zustände die meine grauen Zellen mit komischen Reflexen beantworten.

Das Problem dabei: Ich gehe meinen Mitmenschen unfassbar auf die Nerven. Das macht einem Halb-Misanthrop wie mir aber auch nicht wirklich zu schaffen. Das für mich aber viel größere Problem: Ich gehe mir selber auf die Nerven. Denn, um mal hier ganz ehrlich zu sein: Es ist nicht leicht ich zu sein. Wirklich nicht. Ich kenne mich jetzt schon 40 Jahre und wenn ich auf was stolz bin, dann das, dass ich es in all der Zeit geschafft habe weder mich noch jemand anderes umzubringen. Aber schön war das nicht die meiste Zeit so mit mir alleine. Mal so ganz unter uns gesprochen.

Ich habe einfach nie Ruhe, mein Hirn ist in permanentem Ausnahmezustand und das Wort „Entspannung“ ist im Zusammenhang mit mir so oft zu nennen wie „Spitzensportler“ für Ottfried Fischer. Das letzte mal, dass ich über einen längeren Zeitraum wirklich entspannt war und in mir selbst geruht habe war im Jahre 2000 im Urlaub auf den Malediven. Was ja nun auch mal 10 Jahre her ist. Ansonsten ist mein Gehirn ein einziger Photonensturm aus Ideen, inneren Diskussionen, Blitzen und Hirnfürzen. Ich habe finde einfach nie Ruhe in meinem Kopf. Wenn ich einen Ausflug zu einem wunderschönen Ziel mache, zum Beispiel zu einer wunderschönen Aussicht, freue ich mich extrem auf das Ankommen. Dumm nur: sobald ich da bin, werde ich nervös, fange an mit dem Fuß zu wackeln und suche das nächste Ziel. Ankommen ist für mich der Horror. Ich muss immer unterwegs sein.

Ich unterscheide mich da auch nur in meiner Ausprägung nicht aber Grundsätzlich von anderen Führungskräften. Wer Karriere macht ist zu 95% psychisch derangiert. Und die anderen 5% können nichts. So ein psychischer Defekt ist nämlich oft von Vorteil. Mich macht das z.B. zu einem der besten Trouble-Shooter im TV Bereich die ich kenne. Ich kann verdammt viel nicht, aber DAS kann ich wie kein andere. Als ich vor drei Jahren bei GAME ONE angefangen habe, hatten wir ein leeres Büro ohne Schreibtische, zwei hochtalentierte, aber komplizierte Moderatoren, einen Praktikanten, einen technischen Dienstleister sowie mich. Und Sendestart in zwei Wochen. Für eine tägliche Show für die es keine Vorlage gab. War nicht zu schaffen. Wir haben es aber trotzdem geschafft. Ich liebe solche Jobs. Und es gibt für so was in Deutschland nur wenig Bessere als mich. Wenn überhaupt. Mein Nachfolger ist bei GAME ONE mit ziemlicher Sicherheit besser in der Weiterentwicklung des bestehenden Formates und der Führung der Redaktion, aber sollte mal alles zusammenbrechen wäre ich mit Freude wieder beim retten dabei. Nur dumm, dass ich mich am Geretteten nicht erfreuen kann, sondern lieber das nächste Objekt suche. Wäre ich nicht TV-Macher wäre ich Feuerwehrmann. Ich liebe es einfach, wenn man keine Zeit hat über sich nachzudenken. Die GAME AWARDS waren auch so ein Thema. Keine Zeit Luft zu holen. Der Horror pur. Unfassbar geil.

Es ist jetzt aber nicht so, dass ich das wirklich geil finde, ich sehne mich viel mehr danach mal morgens aufzuwachen und nicht getrieben zu sein. Nicht an die Firma zu denken oder alternativ an den Fanclub. Denn ich bin letztlich ein Getriebener. Ich nehme mir z.B. seit Tagen mal vor Abends zu Videospiele zu zocken und mache dann den Fehler, in meine Fan-Club To-Do-Liste zu schauen. Was dann automatisch dazu führt, dass ich ein paar Stunden für die Sailors arbeite und es mit dem Spielen nichts wird. Oder nehmen Sie diesen Blog. Meinen Sie nicht, dass ich mich mal freuen würde, wenn ich es einfach schaffen könnte mal einen Tag nicht zu schreiben, ohne mich den ganzen Tag über mein Versagen zu grämen? Dieses ist der 285. Eintrag seit Mai letzen Jahres. Wie oft habe ich mir gewünscht einfach mal alles liegen zu bleiben ohne mir darüber Gedanken zu machen, dass jemand auf die Seite hier geht und enttäuscht ist, weil er nichts findet. Das ist gut für Sie und ich bin auch stolz auf mich, aber es ist nichts, was einen abschalten lässt. Aber ich kann nichts halb machen. Entweder mache ich es ganz oder ich verliere das Interesse.

Die einzige Möglichkeit für mich Ruhe zu finden sind für mich die Tage an denen Fußball ist. Wenn ich im Zug sitze und ein paar Bier trinke, im Block eskaliere und es nur darum geht drei Punkte zu holen. Das sind eigentlich die einzigen Tage in denen in meinen Kopf aus ist. Wenn der Block meine einsame Insel ist, meine geistigen Malediven Wenn ich mal davon absehe, dass ich morgen Karten für die FA-Fahrt zu Derby kaufen muss, Tickets verteilen, mit einem Interessenten für den Fanclub sprechen und so ein, zwei kleine Dinge. Das ist aber okay, weil ich mir im Zug ein paar Bier in die Rübe haue. Es gibt dann so ein paar Nasen, die meinen ich wäre komisch, weil ich so was besoffen mache. Dabei bekomme ich im angetrunkenen Zustand mehr hin als 97% der anderen Menschen nüchtern. SPIEGEL Herausgeber Rudolf Augstein war auch so ein Fall. Der war Schwerstalkoholiker, aber hat in besoffenem Kopf noch am Fließband Texte geschrieben, die die meisten Journalisten nicht einmal in ihrem Leben hinbekommen. Nun möchte ich mich nicht mit Augstein vergleichen. Ich spiele nicht mal ansatzweise in derselben Liga wie der. Nicht mal im selben Stadion. Und ich weiß auch nicht mal wie der Bus aussieht, der zu dem Stadion fährt. Aber in meiner Buslinie ist es auch nicht sehr voll. Denn der ist für die meisten Leute zu schnell.

Ich kann Augstein sehr gut verstehen.

2 Kommentare:

  1. Nur "HALB"-Misanthrop? Also bitte Mauricius! Doch nicht genau an der Stelle mit Bescheidenheit anfangen!

    Mach doch mal ein Format, wo Michael Thiel dich therapieren muss und dann total verzweifelt und immer weint.

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  2. Die Idee mit Michi ist gar nicht so schlecht. Da könnte ich diverse Stories zu erzählen, wie der schon an mir verzweifelt ist

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