Sonntag, 26. April 2009

Süd-West-Ecke steht auf

Der Tag begann mit einer schlechten Nachricht, weil die tollste Frau der Welt wo gibt leider Dünnpfiff hatte. Wenn es einen Ort gibt, den man mit Durchfall meiden sollte, dann ein mit 80.000 Menschen ausverkauftes Fußballstadion. Also wurde es nichts mit dem gemeinsamen Ausflug. Da alleine Auto fahren langweilig ist und man zweitens auch kein Bier dabei trinken sollte wurde spontan auf Zugfahrt umdisponiert. Allerdings nicht ohne ordentlich schlechtes Gewissen, dass man die kranke Freundin zu Hause lässt und sich amüsieren fährt. Fußball, was machst Du nur aus uns? Okay, ich gebe zu, dass ich froh war, dass ich die Karten für ein paar andere Mitglieder der „Borussen Sailors“ dabei hatte, denn so war ich gezwungen zu fahren. Und ich weiß wirklich nicht, ob ich das sonst nicht in Hamburg geblieben wäre. Was unfassbar schlechter Laune nach sich gezogen hätte und ich so mies drauf gewesen wäre, dass ich die tollste Frau der Welt extrem anmaulen würde. Was natürlich objektiv betrachtet eine Arschloch-Aktion sonder gleichen wäre. Ach ja, falls ich es noch nicht erwähnt habe: Ich bin ein unfassbar schwieriger Zeitgenosse und wenn ich ehrlich bin, wäre ich nicht mit mir zusammen, wenn ich die tollste Frau der Welt wo gibt wäre. So gesehen war es doch wohl ganz gut, dass ich mich auf den Weg nach Dortmund machen musste. Allerdings nahm mir die tollste Frau der Welt wo gibt das Versprechen ab nicht allzu besoffen nach Hause zu kommen, was immerhin zur Folge hatte, dass ich kein Bier aber jede Menge gut Vorsätze mit auf den Weg nahm. An die ich mich auch gehalten habe. Zumindest fast!

Da es zu spät war sich den anderen „Borussen Sailors“ noch anzuschließen wurde es eine recht einsame Fahrt. Was mir mal wieder die Gelegenheit gab die Stimmung vor Ort aufzusaugen. Falls Sie – weil Sie ja Marsmensch sind- noch nie beim Fußball waren und das mal dringend nachholen wollen: Kommen Sie nach Dortmund. Das sage ich ganz neutral und ohne die schwarz-gelbe Brille auf. In Hamburg z.B. ist es so, dass am Spieltag einige Fußball-Fans unterwegs sind, aber Fußball ist da halt eine wichtiger Veranstaltung IN der Stadt. Wenn der BVB ein Heimspiel hat, dann dreht sich in der Stadt ALLES um den BVB. Die ganze Stadt IST Fußball. In Dortmund interessieren sich auch die für Fußball, die sich nicht für Fußball interessieren. Auch wer mit Fußball nichts anfangen kann will das Ergebnis wissen. In der Stadt ist die Luft schwarz-gelb.

Die Sailors hatten auf Grund eines dummen Fehlers über den BVB nur Nordwest bzw. Süd-Karten bekommen. Ich hatte mir Karten jenseits des Fanclub-Kontigentes besorgt und war so alleine auf der Süd-West-Tribüne des Westfalenstadions und traf die anderen nur vor und nach dem Spiel im Schwimmbad auf ein paar Bier, bevor ich allein in meine Ecke dackelte. Wenn es mit den Karten klappt stehe ich bei Auswärtsspielen am liebsten, aber bei Heimspielen will ich nicht stehen. Die „gelbe Wand“ ist super, aber die Süd-West-Ecke ist mein zu Hause. In Block 38 und 39 ist die „alte Garde“ zu finden. Typen wie ich, die früher auch auf der alten Süd im Block 13 standen, aber irgendwann dann älter wurden, die Frau mit zum Spiel nehmen oder einfach auch manchmal sitzen wollen. In der Süd-West sitzen meiner Meinung nach die treuesten Fans. In Block „Drölf“ sind auch viele junge dabei, aber die Südwester sind eben schon seit Jahrzehnten beim BVB. Für mich ist die Südwest das, was die Süd vor dem Umbau war: Eine Truppe die niemals aufgibt. Den Südwesten hörst Du oft noch, wenn auf der Süd Totentanz ist. Zwar gibt es auch da ein paar Nasen, die sich jeder Stimmung verweigern, aber er zu „uns“ gehört sieht man bei dem Gesang „Süd-West-Ecke steht auf“. Und ich habe immer noch die Hoffnung, dass der Rest sich mal in Süd-Ost verabschiedet. Da sind die Plätze auch günstig und es singt keiner mit. Also lieber Marsmensch: Wenn Sie über 30 sind und Bock auf Support haben: Holen Sie sich eine Dauerkarte für Südwest!

Und immer wieder kommt es zu speziellen Erlebnissen, die es wohl nur beim Fußball gibt. Ich war ca. eine Stunde vor dem Spiel da und saß neben einem ca. 30-jährigen Aachener. Super netter Typ und wir haben uns super unterhalten. Er war zwar reichlich voll, aber das wurde ich so langsam auch. Die guten Vorsätze gingen im Brinkhoff´s No.1 unter. Als das Spiel los ging sagte ein Kuttenträger hinter uns zu dem Kollegen neben mir er möge sich doch hinsetzen. Dummerweise sagt er das etwas unfreundlich und erwischte meinen „neuen Freund“ wohl auf dem falschen Fuß. Der stand nämlich sofort auf, drehte sich um und fing an auf den Typen hinter mir einzuschlagen. So diese typische Art wie man sie öfter in Fußballstadion sieht. Wer schon mal dabei war, weiß was ich meine. Dieses „Ich markiere mein Revier, aber ich will den anderen nicht sofort umbringen“. Ich habe diese Art der Schlägerei schon mehrer Dutzend Male gesehen. Es war eigentlich nicht dramatisch, aber, dass der Mensch neben mir ohne Vorwarnung ausrastete, überraschte mich dann doch ein wenig. Es kam dann das, was auch immer kommt: Eigentlich hatte sich die Situation schon beruhigt, als mein Sitznachbar sich doch wieder umdreht und weitermachen wollte. Irgendwie beruhigte sich die Situation dann doch und ich nahm die Gelegenheit zum Anlass beruhigend auf die Situation einzuwirken und darauf hinzuweisen, dass es unklug ist im Stadion eine Schlägerei anzufangen, wenn man sich kein Stadionverbot einhandeln will. Dass mein neuer Freund doch ein wenig schräg war merkte ich neben der Tatsache, dass er von „Null auf 100“ in einer Sekunde schafft auchdann daran, dass er sich meine Worte zu herzen nahm, aber die ganze Zeit „Der will mich provozieren, aber ich hol mir kein Stadionverbot“ murmelte. „Draßen würde ich den wegklatschen, aber ich will kein Stadionverbot“. Er sagte es zu mir, aber ich glaube es war mehr ein Mantra für sich um runterzukommen. Der Hintermann zischte die ganze Zeit was von „Hurensohn“ und „ich kriege Dich“. Typischer, überflüssiger Fußball-Bullshit. Und dann passiert das, was niemand verstehen wird, der nicht öfter zum Fußball geht: Pass von Nuri Sahin auf Sebastian Kehl und der schießt Rost durch die Beine. Riesen Jubel und mein Nebenmann fällt dem Typen hinter mir um den Hals und entschuldigt sich. Den Rest des Spieles waren die beiden ein Herz und eine Seele. Süd-West-Ecke, meine Heimat, hier bin ich zu Hause.

Ach, ja: Ich war übrigens auch nicht komplett besoffen als ich zu Hause war. Aber ich war auch weit weg von nüchtern. Aber hey, ich konnte zu sprechen ohne zu lallen, wenn ich mich konzentrierte. Das ist doch schon mal was.

4 Kommentare:

  1. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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  2. nett geschrieben :)
    du kannst eigentlich nur froh sein, mit der bahn gefahren zu sein :)
    der stau fing schon am elbtunnel an und endet 20km vor dortmund mit stillstand, weil alle parkplätze besetzt waren. mehrere tausend haben den anpfiff verpasst, ich inclusive.
    rückfahrt vollsperrung, war eigentlich passend, nette und witzige unterhaltungen mit erstaunlich vielen dortmund/hamburg misch autos :D

    schreib weiter so!

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  3. Hallo MauriciusQ,

    kannst Du mal mit mir Kontakt aufnehmen?
    ebay_phil09atyahoo.de

    SG DB

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  4. Ja,Dortmund lebt Fußball. Wenn Borussia spielt, interessiert das die ganze Stadt. Sehr gut beobachtet, mir ist das aber erst aufgefallen, als ich mal zwei Jahre nicht in Do wohnte.

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